Montag, 30. Juli 2007

Moin! und Munter!


Erstbesucher der ost-friesischen Halbinsel sind manchmal ein wenig irritiert, wenn sie beim abendlichen Betreten eines Krugs (= Kneipe, Gaststätte) vom Wirt mit Moin! begrüßt werden, da sie die Grußformel Moin aufgrund der phonetischen Ähnlichkeit vom hochdeutschen Morgen! herleiten. Das ist falsch und es wird Zeit, diesen Irrtum aus der Welt zu schaffen.

Moi (mit langem o) ist der plattdeutsche Ausdruck für gut oder schön (und kann übrigens fast so häufig als Ausruf gehört werden wie Heij und Hou), moin bedeutet dementsprechend guten oder schönen und ist somit als universelle Abkürzung für Moin Dag (sprich Moijn Dach, wobei das ch ein ordentliches Grollen im Rachen erzeugen sollte) oder Moin Morgn (mit nahezu stimmlosem gn). Wenn man also um Mitternacht mit Moin! begrüßt wird, dann wünscht der Begrüßende also einen Guten was-auch-immer. In manchen Regionen wird auch Moin Moin benutzt, das kann durchaus von Ortschaft zu Ortschaft variieren.

Moin
ist dabei klassenlos und wird unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung verwendet. Der Richter im Gerichtssaal oder der Polizist bei der Verkehrskontrolle kann damit ebenso begrüßt werden, wie der Ehepartner oder beste Freund. Je kleiner die Ortschaft ist, desto eher sollte man jeden mit Moin grüßen, der den eigenen Weg kreuzt oder den man passiert. Dabei ist es unerheblich, ob man die betreffende Person kennt oder nicht. Nicht-Grüßen wird als non-verbale Ablehnung aufgefasst und sollte vermieden werden.

Wichtig: Auch als Gast sollte man sich immer bemühen, ebenfalls Moin zu verwenden, auch wenn es an der perfekten Betonung noch hapern sollte. Auf jeden Fall vermeiden sollte man als Grußformel Guten Tag, da dies gerne als reserviert oder sogar unfreundlich empfunden wird. Guten Tag verbinde ich zum Beispiel sofort und unbewusst mit einer Vielzahl von Szenen aus dem Fernsehen, wo nach einem Disput einer der Streitenden mit einem kalten Guten Tag den Raum verlässt.

Super-GAU ist natürlich, wenn beides zusammen kommt: Unverständnis dem Moin gegenüber und Guten-Tag-Skepsis. So mehrmals geschehen beim Besuch in Behbies Herkunftsland Sachsen-Anhalt. Mein Moin wurde dort mit Stirnrunzeln entgegengenommen (sofern es nicht morgens war und das gegenüber Morjen verstanden hat) und mit einem höflich gemeinten, aber als unfreundlich verstandenen Guten Tag! (oder nach dortiger Phonetik eher: Judn Tach!) quittiert. Das Behbie versteht es übrigens wie keine zweite sich zwischen Moin und Judn Tach zu winden und kann sich hervorragend dem Gegenüber anpassen.

Ich benutze Moin übrigens ohne Rücksicht auf die Herkunft oder den Stand meines Gesprächspartners, jedenfalls solange das Gespräch auf Deutsch geführt wird. Grund dafür ist ganz einfach, dass der Gesprächspartner sein - im schlimmsten Fall - Servus oder Grüß Gott auch nicht zu meinen Gunsten ändern würde. Abgesehen davon wüsste ich ehrlich gesagt auch nicht, was ich sonst sagen sollte.

Hat man sich dann mehr oder weniger elegant durch das Gespräch bewegt und es Zeit für die Verabschiedung wird, lauert schon die nächste Falle. In einigen Regionen Ost-Frieslands ist es durchaus üblich Moin oder Moin Moin auch zur Verabschiedung zu sagen, hier in Jever und Umgebung tut es für den Gast allerdings am einfachsten ein Tschüß.

Weitere mögliche plattdeutsche Verabschiedungen sind Munter oder Munterhollen (= Munter bleiben, Halt die Ohren steif), All up stee (= Alles klar) oder für Vielredner Kumpelmenten in Huus (= Grüß zu hause; wörtlich übersetzt: Komplimente zu Hause).

Halten wir also fest: Guten Tag-Sagen mag ja nett gemeint sein, schafft aber beim Erstkontakt mit einheimischen Ost-Friesen unnötige Distanz. Moin kann und sollte man den ganzen Tag benutzen, gerade in kleineren Ortschaften kann man es gar nicht oft genug benutzen. Zur Verabscheidung ist die Auswahl größer, für diejenigen, die des Plattdeutschen nicht mächtig sind, empfehle ich Tschüß.


Hausaufgabe für meine Leser:


Ersetzen sie Guten Tag, Servus oder Grüß Gott in ihrem Wortschatz durch Moin und benutzen sie es bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Lassen sie sich durch die irritierten Blicke nicht aus der Ruhe bringen.


3 Kommentare:

Herr MiM hat gesagt…

Obwohl ich in Metropolis lebe, habe ich mir das MOIN als eigentümliche Begrüßung erhalten.

Das wird nicht abgelegt.

Schnitzel hat gesagt…

Das sorgt doch bestimmt so manches Mal für Irritationen, oder?

Anonym hat gesagt…

ich habe mir irgendwann das niederländische daaaaaach (mit langem a eben) angewöhnt.

Verabschiedet wird seit Urzeiten mit tschüssing.

Warum auch immer ...